Amerikanische Übernahme? So bereiten Sie sich richtig vor.
Die falsche Post-Merger-Integration Vorbereitung: Es gibt da so ein paar Warnzeichen. Wenn ich die sehe, geht in meinem Kopf sofort eine rote Alarmsirene an. Etwa, wenn Manager eines gerade gekauften Unternehmens meinen, sie hätten ja noch sooo viel Zeit, die Übernahme wird ja erst in ein paar Monaten vollzogen.
Leider ist Zeit das Letzte, was übernommene Firmen haben. Insbesondere, wenn die neuen Eigentümer Amerikaner sind.
Selbst mehrere Monate sind wenig, wenn
- das Wissen über die amerikanische Art zu bilanzieren erst mal angeeignet werden muss
- neue Tools benötigt werden, um die Anforderungen der neuen Inhaber zu erfüllen (etwa, auf Basis einer völlig neue Reportingstruktur Zahlen zu liefern)
- deutlich wird, dass die Englischkenntnisse von Mitarbeitern aufgemöbelt werden müssen, damit diese überhaupt ihren Job erledigen können (schließlich kommen viele neue Fachwörter auf sie zu, von denen sie meist noch nie gehört haben)·
Deshalb ist mein wichtigster Rat an alle, die von Amerikanern übernommen wurden: Fangen Sie rechtzeitig mit der Planung für die Zeit nach der Übernahme an! Wenn die erstmal durch ist, müssen Sie nämlich ganz neue Anforderungen erfüllen.
In der Vorbereitungszeit fallen 3 wichtige Schritte an:
Schritt 1: Holen Sie alle ins Boot
Ganz ehrlich? Die größte Herausforderung sind eigentlich nicht die neuen Systeme und Anforderungen – sondern der Zusammenhalt im Unternehmen.
Eine amerikanische Übernahme verunsichert viele: Wie werden die neuen Eigentümer auftreten? Was wird sich alles ändern? Ist mein Job sicher?
Teamleiter können natürlich nichts versprechen, weil sie oft selbst noch nicht genau wissen, was kommen wird. Was sie aber können – und tun SOLLTEN: dafür sorgen, dass sich alle gemeinsam bestmöglich auf die Übernahme vorbereiten. Wenn das gesamte Team am gleichen Strang zieht – etwa dank regelmäßiger Teamsitzungen und offener Kommunikation – führt das zu besseren Ergebnissen, zu mehr Zufriedenheit und letztendlich auch zu weniger Abwanderung.
Das leuchtet ein, oder? Trotzdem wird dieser Punkt oft vernachlässigt. Das Management konzentriert sich häufig darauf, sich in neue Systeme und Regelungen wie das US-GAAP oder SOX einzuarbeiten, sucht nach externen Experten, verordnet Umstrukturierungen. Meetings finden hinter verschlossenen Türen statt, und Entscheidungen werden einfach kundgetan. Die Verunsicherung auf den Bürofluren bekommen Manager so häufig gar nicht erst mit oder erst dann wenn es zu spät ist.
Verunsicherung führt aber zu Gerüchten – und diese können ganz schnell Tatsachen schaffen.
Dann verlässt plötzlich der Erste im Team das Unternehmen, weil er um seine Zukunft fürchtet. Und das hat eine alarmierende Wirkung auf alle.
Bevor ich jetzt komplett schwarzmale: Das lässt sich ja verhindern.
In meinem Leitfaden „So hält Ihr Team im Übernahmeprozess zusammen“ habe ich einfache Schritte aufgeführt, die Sie dafür unternehmen können. Hier können Sie ihn herunterladen.
Schritt 2: Machen Sie eine Bestandsaufnahme
Damit Sie wissen, wo Veränderungen nötig sind, müssen Sie erst einmal den Ist-Zustand aufnehmen.
- Gibt es jemanden im Unternehmen, der sich mit der Bilanzierung nach US-GAAP auskennt?
- Kennt sich jemand mit den Regelungen nach SOX aus? (Falls der neue Mutterkonzern an der New York Stock Exchange gelistet ist)
- Kennt jemand die neuen Systeme, die der Eigentümer für die Bilanzierung nach US-GAAP vorgibt – oder kann an Schulungen teilnehmen?
- Welche Mitarbeiter brauchen Trainings in Englisch, um das neue Vokabular und den regelmäßigen Kontakt mit den amerikanischen Kollegen zu bewältigen?
- Ist die regelmäßige parallele Rechnungslegung (nach US-GAAP UND nach HGB – hier habe ich ausführlich darüber geschrieben) vom bestehenden Team zeitlich zu bewältigen, oder muss es vergrößert werden?
- Wer im Team verfügt über wie gute Englischkenntnisse? Wer benötigt Sprachunterricht – und wo bekommt man Kurse, in denen auch Business-Englisch vermittelt wird?
Wer sich frühzeitig um all diese Fragen kümmert, vermittelt den Mitarbeitern ein Gefühl der Sicherheit: Ja, es kommen große Veränderungen – aber wir werden gut darauf vorbereitet.
Es gilt also, einen neuen Blick auf das Unternehmen zu werfen: Wer hat welche Qualifikationen? Welche Systeme müssen neu eingeführt werden?
So kann auch erhoben werden, wo es Lücken gibt. Das ist wichtig für den dritten Schritt.
Schritt 3: Suchen Sie nach geeigneten Trainings, Tools und Expertise
Wenn Sie jetzt wissen, wo es noch hakt, müssen Sie Lösungen finden, die zeitlich zu bewältigen sind – etwa Trainings zu US-GAAP und SOX, aber auch regelmäßigen Englischunterricht.
Oder Sie suchen auf dem Arbeitsmarkt nach Spezialisten, die bereits eine Übernahme erlebt haben. So hätten Sie das notwendige Wissen permanent im Unternehmen.
Drängt die Zeit, so bringen aber weder Schulungen noch das Suchen neuer Mitarbeiter etwas: Dann müssen Sie auf jeden Fall mit externen Fachkräften zusammenarbeiten.
Spezialisierte Interimsmanager können in dieser Zeit genau das Wissen in Ihr Unternehmen bringen, das Sie brauchen. Sie kennen sich mit der amerikanischen Gesetzeslage aus und können in den ersten Wochen und Monaten die Bilanzierung übernehmen, sowie Kollegen nach und nach einarbeiten.
Aber Sie müssen nun auch schauen, ob die Tools, die Sie im Unternehmen nutzen, überhaupt für die neuen Aufgaben ausreichen – zum Beispiel, um genau die Zahlen zu liefern, die der neue Inhaber vorschreibt.
Oft ist das nicht der Fall. Dann können Sie natürlich auf Excel-Lösungen ausweichen, damit lässt sich vieles bewältigen. Allerdings werden sehr spezielle Kenntnisse benötigt, etwa, um den manuellen Aufwand zu reduzieren. Daran hakt es häufig.
Selbst wenn Sie also die neuen Anforderungen durchdrungen haben, brauchen Sie noch jemanden, der sie umsetzt. Auch hier kann ein externer Experte sinnvoll sein.
Sie sehen also: eine amerikanische Übernahme ist sicher kein Spaziergang – aber mit der richtigen Vorbereitung und Unterstützung absolut zu bewältigen.
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