Unterschied führen und managen

Was der Verkauf Ihres Unternehmens für Sie bedeutet – und Sie schon jetzt tun sollten

Kennen Sie den Unterschied zwischen führen und managen? Und stimmt bei Ihnen das Verhältnis? Erfahren Sie in diesem Beitrag, warum das so wichtig ist und wie Sie die für Sie passende Balance finden.

Beim Verkauf eines Unternehmens lautet garantiert eine der ersten Fragen in den Medien: Was passiert mit den Mitarbeitern? Haben Sie sich als Unternehmer schon einmal gefragt: Und was passiert mit mir? Wenn nicht, es lohnt sich, selbst wenn Sie jetzt noch gar nicht über einen Unternehmensverkauf nachdenken.

„Der ganze Verkaufsprozess ist wie eine Achterbahnfahrt.“ Dr. Bernd Geropp, Gastexperte in meinem Podcast „Übernahme als Chance“ hat es selbst erlebt. Er kennt das Hochgefühl, wenn der Verkauf endlich perfekt ist. Und er weiß, dass es trügt.

Unterschied führen und managen

Erfahrungen nach einer Unternehmensübernahme aus erster Hand

Bernd Geropp verkaufte 2001 ein High-Tech Unternehmen, dass er 1995 mit einem Partner gegründet hatte. Zu diesem Zeitpunkt hatte sein Unternehmen 20 Mitarbeiter und ein weltweites Vertriebsnetz. Nach der Übernahme blieb Bernd Geropp neun Jahre im Unternehmen des Käufers und war im mittleren Management für 350 Mitarbeiter verantwortlich. Seit 2009 ist er als Geschäftsführer Coach und Mentor selbstständig.

In meinen beiden Podcast-Folgen 22 und 23 haben Bernd Geropp und ich uns vertiefend über die Auswirkungen einer Übernahme auf die Inhaber und geschäftsführenden Gesellschafter des verkauften Unternehmens unterhalten.

 

 

 

 

Wir sind zu dem Ergebnis gekommen: Wer sich frühzeitig mit seinem Führungsstil und seiner persönlichen (Unternehmer-)Zukunft beschäftigt, ist für eine Übernahme (oder eine Nachfolgeregelung) besser gerüstet. Warum? Das lesen Sie hier. Viele Tipps gelten übrigens für alle Führungskräfte im Unternehmen. Und weil Lesen alleine Ihr Handeln nicht verändert, finden Sie hier jetzt den Action Plan zur Unternehmensnachfolge.

Was bei einer Übernahme oft übersehen wird: die Earn- Out-Phase

Es hört sich an wie ein klarer Schnitt: Man verkauft sein Unternehmen und ist frei für neue Aufgaben oder einen schönen Ruhestand. Doch so leicht kommen viele Verkäufer nicht aus der Verantwortung. Häufig wird eine Earn-Out-Klausel in den Kaufvertrag aufgenommen. Dies bedeutet, dass ein Teil der Kaufsumme erst zu einem späteren Zeitpunkt und dann erfolgsabhängig ausbezahlt wird. Dadurch wird das Risiko, das sich aus unterschiedlich bewerteten Entwicklungschancen des Unternehmens ergibt, zwischen Käufer und Verkäufer aufgeteilt. In diesem Zuge verpflichten sich viele Verkäufer, nach dem Eigentümerwechsel als Geschäftsführer das frühere Unternehmen weiterzuführen und so möglichst einen positiven Einfluss auf dessen Entwicklung – und damit auf den später auszuzahlenden Teil der Kaufsumme – zu nehmen.

Dieses Szenario, das Bernd Geropp selbst erlebt hat und bei vielen weiteren Verkäufern beobachten und begleiten konnten, hatten wir bei unserem Gespräch vor Augen. Auch ich als Interim- und Projektmanagerin nach einer US-amerikanischen Übernahme und als Mentorin für Führungskräfte in dieser Phase weiß aus Erfahrung, dass Inhaber und geschäftsführende Gesellschafter schon lange vor einer Übernahme viel für eine gelingende Post-Merger-Integration tun könnten. Dass dies tatsächlich häufiger geschieht, möchten wir mit diesem Blogbeitrag anregen.

Die Herausforderung: Warum Sie mehr führen als managen sollten

Betrachten wir also die Zeit vor dem Unternehmensverkauf und was Sie schon jetzt anders machen können und sollten. Für viele Unternehmer ist eine der größten Herausforderungen mit dem Unternehmen gewachsen: Die Firma ist erfolgreich geworden, weil der Chef sich auskennt, die richtigen Kontakte hat, die passenden Entscheidungen trifft und sich um vieles selbst kümmert. Viele Unternehmer wissen, dass sie das Tagesgeschäft mehr ihren Angestellten überlassen sollten. Sie fühlen sich häufig überlastet von der Verantwortung bis in die Details, von den vielen Entscheidungen und den Mitarbeitern, die sie als unselbstständig und häufig auch wenig motiviert erleben. Stehen auch Sie vor dieser Herausforderung? Sollten Sie sie nicht rechtzeitig vor einem Unternehmensverkauf meistern, wird Ihnen die Tragweite dieses Versäumnisses spätestens in den Verhandlungen bewusst werden.

„Wenn ein Käufer fürchten muss, dass ein Unternehmen ohne seinen Kopf tatsächlich kopflos wird, kann ein Verkauf daran scheitern.“

Judith Geiß. Die Übernahme-Mentorin 

Gravierende Konsequenzen hat das Aufschieben Ihrer Entwicklung zu einer echten Unternehmer- und Führungspersönlichkeit übrigens auch, falls Sie einmal unerwartet ausfallen. Bernd Geropp und ich haben beide mehrfach erlebt, wie sehr ein Unternehmen von seinem Inhaber oder Geschäftsführer abhängig sein kann. Die gesamte Belegschaft ist auf ihren Chef fokussiert, weil er bei allen wichtigen (und nicht selten auch unwichtigen) Entscheidungen das letzte Wort hat. Er ist das wandelnde Lexikon zu allen Kundenbeziehungen, Aufträgen und wichtigen Prozessen. Alle relevanten Kontakte laufen über ihn. Selbst wenn er sich ein Management Team aufgebaut hat, hält er die Fäden in der Hand, was in einer Notsituation auf gravierende Weise deutlich wird. So habe ich es bei einem Kunden erlebt: Der Inhaber verunglückte an einem Wochenende tödlich. Noch Jahre später war die Schockstarre spürbar, die durch dieses Erlebnis bei den Mitarbeitern ausgelöst wurde.

Wie würde es bei Ihnen aussehen, wenn Sie von heute auf morgen für längere Zeit Ihre Firma den Mitarbeitern überlassen müssten? Wäre auch Ihr Unternehmen dann kopflos, die Mitarbeiter geschockt und hilflos? Dann sollten Sie dringend daran arbeiten, das Tagesgeschäft von Ihnen unabhängiger zu machen. Das zahlt sich sehr schnell für Sie persönlich aus, weil es Ihr Tagesgeschäft entlastet, und beeinflusst später bei einem Verkauf das Verhandlungsergebnis zu Ihren Gunsten.

„Wenn der Unternehmer in vielen operativen Entscheidungen der wichtigste Mann ist, reduziert das den Kaufpreis signifikant.“

Bernd Geropp. Der Geschäftsführer Coach

Managen oder führen – so erkennen Sie den Unterschied

Vor jeder Veränderung steht eine Bestandsaufnahme. Das ist für mich ganz selbstverständlich die Basis jedes Veränderungsprozesses und Projektmanagements. Daher habe ich Bernd Geropp nach seinem Tipp gefragt, wie Sie am besten einen Überblick darüber gewinnen, wie viel Sie in Ihrem Unternehmensalltag führen und wie viel Sie managen. Seine Antwort habe ich in den folgenden Listen als erste Orientierung für Sie zusammengefasst.

Sie führen, wenn Sie

  • an der Vision, den Zielen und Strategien arbeiten,
  • sich mit der Zukunft Ihres Unternehmens und Ihrer Mitarbeiter beschäftigen,
  • über Innovation, Positionierung und Kundennutzen nachdenken,
  • Prozesse verbessern,
  • mit ihren Mitarbeitern sprechen, sie informieren und begeistern.

Durch das Führen bestimmen Sie also, wie es mit Ihrem Unternehmen weitergehen und wo der Weg hinführen soll. Wann und wie viel Sie sich mit diesen Aufgaben beschäftigen, müssen Sie selbst entscheiden. Das ergibt sich in der Regel nicht aus dem Tagesgeschäft. Genau darin sieht Bernd Geropp einen zentralen Grund, warum Führung so oft vernachlässigt wird.

„Führungsaufgaben sind wichtig, haben aber meist keine Deadline.“

Bernd Geropp. Der Geschäftsführer Coach

Zwei Beispiele verdeutlichen, was damit gemeint ist, dass Führungsaufgaben meist an einem fehlenden Termin erkennbar sind:

  • Sie wollen Ihre Produktstrategie überarbeiten. Das können Sie jetzt tun oder morgen oder nächste Woche. Niemand gibt Ihnen einen Termin vor, außer Sie machen es selbst.
  • Sie wollen mit einem Mitarbeiter ein Feedbackgespräch führen. Niemand drängt Sie dazu. Sie entscheiden, wann Sie es machen.

Beides sind Führungsaufgaben. Wie oft beschäftigen Sie sich mit solchen Themen?

Mit der Nachfolgeregelung oder dem Verkauf werden Führungsaufgaben zeitkritisch

Eine Deadline kommt dann hinzu, wenn Sie über die Nachfolge oder einen Verkauf Ihres Unternehmens nachdenken. Dann wird deutlich, wie sehr Ihre Führungsarbeit beeinflusst, ob Ihr Unternehmen für einen Nachfolger oder Käufer attraktiv ist. Hierzu eine kleine Checkliste aus meiner Erfahrung:

  • Welche Vision und welche Pläne gibt es für die Zukunft? Wie aktiv werden sie verfolgt?
  • Wie hat sich Ihre Produktlinie bzw. Ihr Dienstleistungsangebot in den vergangenen Jahre entwickelt?
  • Wie sieht die Mitarbeiterstruktur aus – etwa die Qualifikationen und die Altersverteilung?
  • Wie ist die Stimmung im Unternehmen  – konnten Sie bisher Ihre Mannschaft für Ihr Unternehmen begeistern?
  • Haben Sie in die Zukunft Ihres Unternehmens investiert oder weist das Anlagevermögen nur noch Erinnerungs-Euro aus?

„Für Nachfolger und Käufer ist Ihre Arbeit als Führungspersönlichkeit entscheidend, denn sie ist der Grundstein für die Zukunft Ihres Unternehmens unter neuer Führung.“

Judith Geiß. Die Übernahme-Mentorin

Auch Managen muss sein

Schauen wir uns nun typische Managementtätigkeiten genauer an. Dazu gehören alle Aufgaben aus dem Tagesgeschäft. Auch dazu gibt Bernd Geropp klare Anhaltspunkte.

Sie managen, wenn Sie

  • sich um die Verwaltung kümmern,
  • sich mit Fragen der Ressourcenverteilung, den Budgets und den Kosten beschäftigen,
  • Risikomanagement betreiben,
  • Analysen erstellen,
  • die laufenden Tätigkeiten und Prozesse kontrollieren.

„Managementaufgaben haben meist einen Termin und sind fremdbestimmt.“

Bernd Geropp. Der Geschäftsführer Coach

Ich habe Bernd Geropp gebeten, mir für diesen Blogbeitrag auch zwei typische Managementaufgaben als Beispiele zu nennen:

  • Ihr Steuerberater benötigt eine Auskunft zu den aktuellen Buchungen bis zum nächsten Tag.
  • Ein wichtiger Kunde benötigt bis Montag ein Angebot für ein großes Projekt.

Diese Aufgaben sind für das laufende Geschäft wichtig. Durch ihre Termine drängen sie sich geradezu auf. Doch wie viel müssen Sie davon persönlich erledigen? Stellen Sie sich diese Frage regelmäßig bei Ihren Managementaufgaben?

Als Führungskraft müssen Sie sowohl führen als auch managen. Entscheidend ist, dass das Verhältnis in der jeweiligen Unternehmenssituation passt und Sie frühzeitig damit beginnen, Aufgaben zu delegieren.

K.o.-Kriterium für eine Übernahme: Das Tagesgeschäft muss laufen – auch ohne Sie

Wie schon oben angemerkt: Übernahme-Interessenten erwarten, dass das Tagesgeschäft in Ihrem Unternehmen läuft, auch wenn Sie einmal nicht da sind um es zu managen. Doch wie stellen Sie das sicher?

Viele Prozesse sind heute ISO-zertifiziert. Damit sind sie dokumentiert und in der Regel so aufgestellt, dass sie ohne Sie laufen. In den Abteilungen in denen eine ISO-Zertifizierung nicht im Vordergrund steht, erlebe ich jedoch oft, dass kaum oder keine Prozesse dokumentiert werden, sondern alleine in den Köpfen einzelner Mitarbeiter „gespeichert“ sind. Das kann bereits im ganz normalen Tagesgeschäft kritisch werden: Wer kann diese Prozesse in der erforderlichen Qualität und Geschwindigkeit ausführen, wenn der zuständige Mitarbeiter ausfällt?

In übernommenen Unternehmen bereite ich das gesamte Unternehmen darauf vor, den Anforderungen von SOX zu genügen. Dabei arbeite ich abteilungsübergreifend. Die Dokumentation der Prozesse ist eine der wichtigen Aufgaben. Für die Mitarbeiter ist sie eine echte Herausforderung – doch wenn diese bewältigt ist, sind sie meist erstaunt und begeistert, welche Vereinfachungen auf diesem Weg gelungen sind und wie hilfreich diese Dokumentationen bei Kapazitätsengpässen sind.

So vereinfacht eine gut verständliche Dokumentation beispielsweise Vertretungsregelungen und das Einarbeiten neuer Mitarbeiter. Dies schafft zusammen mit den Prozessoptimierungen im Zuge der Dokumentationserstellung neue Handlungsspielräume, die auch in der Post-Merger-Integration eine große Erleichterung darstellen. Dies gilt übrigens für alle wichtigen Prozesse und auf allen Führungsebenen. Daher ist die Einführung einer Prozessdokumentation ein Projekt, bei dem ich Unternehmen auch bereits vor einer Übernahme mit meinem Know-how unterstütze.

„In der Dokumentation verbinden sich Führung und Management. Sie ermöglicht Verbesserungen in den Abläufen und stärkt die Verkaufsposition.“

Judith Geiß. Die Übernahme-Mentorin

Führung übernehmen bedeutet, gewachsene Routinen zu verändern

Die Tücke beim Verschieben eines größeren Teils Ihrer Aufmerksamkeit und Zeit vom Managen auf das Führen liegt darin, dass die Abläufe im Unternehmensalltag für alle so selbstverständlich sind. Über Jahre haben sie sich entwickelt, und jeder Erfolg hat die Prozesse bestätigt. Es sind Routinen entstanden. Das bedeutet: Es wird nicht mehr bewusst darüber entschieden, was der Chef alles persönlich entscheidet. Die Chefstelle ist zum Flaschenhals („Bottleneck“)geworden, durch die alles hindurch muss. Und niemand hat bisher gelernt, dass und wie es anders gehen kann.

Auch für Sie wird es nicht einfach sein, die Rolle des Experten im Unternehmensalltag aufzugeben. Dabei kann Ihnen folgende Perspektive helfen: Wenn Sie dafür sorgen, dass Sie das Tagesgeschäft stärker loslassen können, haben Sie Zeit, um zum Experten für Ihr Unternehmen und zum Gestalter der Unternehmenszukunft zu werden.

Endlich mehr führen: Wie schaffen Sie die ersten Veränderungen?

Sie haben sich entschieden, künftig endlich mehr zu führen? Unser Tipp: Beginnen Sie damit, sich selbst systematisch zu beobachten. Der Aufwand für diese tägliche Bestandsaufnahme sollte so gering sein, dass Sie diese Aufgabe auf jeden Fall in Ihren Unternehmensalltag integrieren können. Der Tipp von Bernd Geropp lautet daher: Halten Sie täglich fest, wie viele Stunden Sie mit Führung und mit Managen verbracht haben. Sie müssen hierfür nur zwei Zahlen am Ende des Tages protokollieren. Mehr nicht! Sie werden feststellen, dass diese kleine Veränderung bereits sehr viel bewirken wird – vor allem dann, wenn Sie sich jeden Tag von Neuem vornehmen, etwas mehr zu führen als bisher.

„Die meisten Führungskräfte unterschätzen die vielen Arbeitsstunden, die sie mit unproduktivem Verwalten und Managen verbringen.“

Bernd Geropp. Der Geschäftsführer Coach

Nach und nach werden Sie tiefer einsteigen wollen und schauen, wie alltägliche Entscheidungsprozesse in Ihrem Unternehmen ablaufen, wie Probleme bisher gelöst werden und mit welchen Arbeiten aus dem Tagesgeschäft Sie sich persönlich noch zu intensiv beschäftigen. Wenn Ihnen Ihre Management-Führungsbilanz am Tagesende selbstverständlich wird, sollten Sie damit beginnen, sich immer wieder eine Managementaufgabe herauszugreifen um zu überlegen:

  • Was müsste geschehen, damit meine Mitarbeiter diese Aufgabe künftig selbstständig(er) erledigen können?

Diese Frage müssen und sollten Sie übrigens meist nicht alleine beantworten. Sprechen Sie mit Ihren Mitarbeitern darüber. Gemeinsam finden sich oft die besseren Lösungen.

Viele Führungskräfte unterschätzen, um wieviel mehr sie Ihre Mitarbeiter einbeziehen und dadurch die positive Entwicklung Ihrer Abteilung bzw. ihres Unternehmens voranbringen können. Bei meiner Arbeit als Interim Managerin erlebe ich regelmäßig, dass Mitarbeiter nicht nur viele Schwachstellen im Unternehmen bestens kennen, sondern auch wertvolle Verbesserungsvorschläge machen, wenn ich Ihnen Zeit und Gelegenheit dazu gebe. Die Verantwortlichen staunen dann doppelt: einmal, wenn ich Ihnen die guten Vorschläge unterbreite, und dann, wenn Sie die Quelle erfahren. Überraschen Sie sich doch einfach selbst, indem Sie sich nicht nur Zeit für den schnellen und akuten Austausch über das Tagesgeschäft nehmen, sondern ebenso für regelmäßige offene Einzelgespräche, in denen Sie Ihrem jeweiligen Mitarbeiter vor allem zuhören. Bernd Geropp hat diese Gespräche in seinem Blog unter dem Stichwort One-on-Ones näher beschrieben.

Wenn es Ihnen Ihnen wirklich ernst mit der Veränderung ist, dann ist jetzt ein Mentor bzw. eine Mentorin eine der besten Investitionen in Ihr Unternehmen und in Ihre persönliche Zukunft.

„Wir alle haben blinde Flecken. Damit wir darüber in einem Veränderungsprozess nicht stolpern, brauchen wir Fragen und Impulse von außen.“

Judith Geiß. Die Übernahme-Mentorin

Veränderung verunsichert – bleiben Sie dennoch nicht stehen

Als entscheidungsfreudiger Macher werden Sie bald mehr delegieren. Bedenken Sie dabei: Am Anfang wird sich vieles für Sie und für Ihre Mitarbeiter sehr ungewohnt und fremd anfühlen. Es ist normal, wenn dieser Veränderungsprozess zunächst verunsichert. Die Versuchung ist groß, bei ersten Fehlern, Verzögerungen oder anderen Rückschlägen doch alles beim „Bewährten“ zu belassen.

Daher rät Bernd Geropp, beim Delegieren mit kleinen Aufgaben zu starten. Verfallen Sie dabei jedoch nicht in ein für Sie zeitaufwändiges und die Mitarbeiter demotivierendes Mikromanagement, indem Sie entweder detaillierte Handlungsanweisungen geben oder jeden Schritt penibel kontrollieren. Sie sollten stattdessen das Ergebnis, nicht den Weg dorthin kontrollieren. Sprechen Sie also über Ziele und Prioritäten und  lassen Sie Ihre Mitarbeitern den Freiraum, eigene Wege zu finden.

„Wer ständig nachfragt und kontrolliert, vermittelt den Mitarbeitern, dass er glaubt, sie schaffen es nicht. Das untergräbt ihr Selbstvertrauen.“

Bernd Geropp. Der Geschäftsführer Coach

Mit der Zeit und den nötigen Wiederholungen der neuen Abläufe – inklusive der erforderlichen Anpassungen – entstehen neue Routinen. Das erlebe ich auch in den Prozessen nach einer US-amerikanischen Übernahme immer wieder. Der neue Unternehmensalltag wird für alle vertrauter, das Vertrauen in Ihre neue Art zu führen und in die veränderten Prozesse wächst. Irgendwann spüren Sie, dass eine neue Kultur entstanden ist, in der die neuen Abläufe nun selbstverständlich sind.

Plötzlich angestellt und von Entscheidungen anderer abhängig

Wechseln wir nun die Perspektive und schauen, was Sie nach einer Übernahme im Earn-Out erwartet. Als Kapitän lässt man sie nicht so schnell von Bord. Sie sollen vielmehr – auch im eigenen Interesse – dafür sorgen, dass nach dem Verkauf alles prima weiterläuft und sich ihr nun abgegebenes Unternehmen erfolgreich in den neuen Mutterkonzern integriert. Dass die Earn-Out-Verhandlungen meist mehr Hoffnung verbreiten als der Prozess später halten wird, darüber hat Bernd Geropp in meinem Podcast „Übernahme als Chance“ berichtet. Wir betrachten im Folgenden daher nicht die finanzielle Seite, sondern Ihre ganz persönlichen Herausforderungen.

Können Sie es sich vorstellen, in einem Konzern angestellt zu sein, der seinen Sitz in den USA hat und völlig anders tickt als das, was Sie bisher kennen und selbst gelebt haben? Darüber machen sich viele Unternehmer erst einmal keine Gedanken, wenn es um den Verkauf Ihrer Firma geht. Doch durch ein Earn-Out erleben Sie genau diesen Rollenwechsel. Sie werden nach dem Verkauf im früheren eigenen Unternehmen zum Manager. In dieser Rolle müssen Sie sich um die Politik im Konzern kümmern, um Ihren Bereich gut vertreten zu können. Gleichzeitig können Sie vieles nicht mehr entscheiden, etwa wo investiert wird und welche Produkte entwickelt werden sollen. Das ist für die meisten früheren Chefs schwer zu ertragen.

Die Mitarbeiter durch die Post-Merger-Integration führen

Dennoch: Auch nach einem solchen Rollenwechsel bleiben Sie Führungskraft. Sie können nicht mehr das Unternehmen führen. Nun ist es hilfreich, wenn Sie Ihre neue Aufgabe erkennen: Sie können Ihre Mitarbeiter durch den Integrationsprozess in die neue Konzernstruktur führen und so einen zentralen Beitrag für die Zukunft „Ihres“ Unternehmens und der Mitarbeiter leisten. Für den Prozess der Post-Merger-Integration habe ich das Buch  „Die Übernahme-Formel“ geschrieben. Darin beschreibe ich ausführlich die jetzt erforderlichen Schritte. Nach der Lektüre wissen Sie, was es bedeutet, in dieser herausfordernden monatelangen Übergangsphase den Change Prozess der Integration und das Tagesgeschäft parallel zu bewältigen.

„Es ist ein extremer Rollenwechsel, nach dem Verkauf des eigenen Unternehmens plötzlich im Konzern angestellt zu sein. Darauf sollten Sie vorbereitet sein.“

Judith Geiß. Die Übernahme-Mentorin

Den Alltag neu gestalten

Wenn Sie sich im Management Ihres Unternehmens bereits vor dem Verkauf so weit als möglich überflüssig gemacht und Ihre Führung entwickelt haben, wird sich das nach einer US-amerikanischen Übernahme dreifach auszahlen:

  1. Sie haben bereits einen größeren Veränderungsprozess im Unternehmen geschafft. Dann werden Sie auch den Change-Prozess nach der Übernahme bewältigen.
  2. Sie müssen sich um viele Entscheidungen im Tagesgeschäft nicht mehr kümmern und haben dadurch mehr Zeit für die neuen Herausforderungen.
  3. Sie kennen Ihre Mitarbeiter und deren Stärken nun wesentlich besser und wissen, auf wen Sie in der anstehenden Veränderungsphase besonders zählen können.

Das alles wird Ihnen in der Post-Merger-Integration helfen. Langweilig wird es Ihnen dennoch nicht, denn es kommen viele neue Aufgaben auf Sie zu.

Gleichzeitig fällt ein Teil Ihrer Arbeit weg: Um die Zukunft Ihres Unternehmens kümmern sich nun andere – bestenfalls können Sie dabei noch beraten. Mehr nicht.

Vom Earn-Out zu Burnout?

Als Kopf Ihres Unternehmens hatten Sie bis zum Verkauf nicht nur die volle Verantwortung, sondern auch – innerhalb der gesetzlichen Regeln – die Entscheidungsfreiheit. Sie sind es als „Macher“ gewohnt, Ihre Ideen umzusetzen, Marktchancen zu erkennen und wahrzunehmen und dabei nach Ihren Überzeugungen und Werten zu handeln.

Nach dem Verkauf müssen Sie miterleben, wie im Mutterkonzern andere über „Ihr“ Unternehmen entscheiden. Das steht nun nicht mehr im Mittelpunkt der Strategie. Prioritäten haben sich verschoben, und für den Käufer sind ganz andere Ziele relevant als für Sie. Vieles, was Sie als falsch bewerten würden, ist für die Neuen der nächste schlüssige Schritt. Sollten Sie während der Verkaufsverhandlungen tatsächlich nach den Plänen des potenziellen Käufers und dem Grund des Kaufinteresses gefragt haben – nun entwickelt sich vieles anders als angesagt und geplant. Das kann Sie schnell demotivieren und zu Ihrem vorzeitigen Ausstieg oder einem Burnout führen.

„In meiner Zeit in einem Konzern habe ich es nie erlebt, dass ein früherer Inhaber zwei Jahre nach der Übernahme seines Unternehmens noch dabei war.“

Bernd Geropp. Der Geschäftsführer Coach

Was soll auf keinen Fall nach dem Verkauf passieren?

Der Rollenwechsel ins weisungsgebundene Management ist also ein echter Kraftakt. Dies gilt besonders für Unternehmer, die bis zu diesem Zeitpunkt noch keine Vision für ihre eigene (berufliche) Zukunft entwickelt haben. Wenn sie noch eng mit „ihrem“ Unternehmen verbunden sind, leiden sie besonders unter der neuen Entwicklung.

„Wer neue eigene Ziele entwickelt, ist in der Managerrolle auf Zeit weniger stark belastet, kann klarer auftreten und leichter loslassen.“

Judith Geiß. Die Übernahme-Mentorin

Manchen fällt es schwer, unmittelbar eine neue positive Vision für sich selbst zu entwickeln. Dann empfehlen wir Ihnen, sich diese Frage zu stellen: Was soll denn aus Ihrer Sicht auf keinen Fall nach dem Verkauf passieren? Hier ein paar Beispiele:

  • „Ich möchte auf keinen Fall, dass ich meinen früheren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am liebsten nicht mehr begegnen muss oder gar Anfeindungen ausgesetzt bin.“
  • „Ich möchte auf keinen Fall zwischen den Erwartungen aus dem Mutterkonzern und denen der Belegschaft und der Kunden zerrieben werden.“
  • „Ich möchte am Ende auf gar keinen Fall ohne eine sinnvolle Aufgabe dastehen.“

Solche Bilder können dann im Gespräch leichter in positive Vorstellung umgewandelt werden. Ein Katalysator dazu sind Fragen wie:

  • Was müsste passieren, damit Ihr Horrorszenario auf jeden Fall eintrifft? Und was noch? Und wie können Sie all das verhindern?
  • Was soll stattdessen passieren?
  • Wie können Sie schon jetzt dazu beitragen, dass es in Ihrem Sinne gut läuft?

Es dauert meist einige Zeit, eine neue Vorstellung darüber zu entwickeln, wie Ihre berufliche oder private Zukunft aussehen soll. Doch auch hierfür ist das immer stärkere Hineinwachsen in Führungsaufgaben, wie ich es ganz zu Beginn beschrieben habe, eine hervorragende Übung.

Bloß kein Bore-Out nach dem Earn-Out!

Wenn Sie beim Verkauf Ihres Unternehmens nicht mehr zu den Jüngsten gehören, dann denken Sie vielleicht einfach ans Aufhören und an ein schönes Rentnerdasein. Sie träumen davon, endlich in Ruhe zu Hause Ihren Garten zu pflegen. Sie wollen Ihr Haus renovieren, ein bisschen reisen oder für die Enkel da sein? Dann hören Sie nochmals rein in die Folge meines „Übernahme als Chance-Podcast“ mit Bernd Geropp! Wir glauben nämlich beide bei echten Unternehmern nicht an das ruhige Rentner-Idyll. Und ein Bore-Out nach dem Burn-Out im Earn-Out – das wollen auch Sie sicher nicht!

Bernd Geropp unterstützt Führungskräfte und vor allem Inhaber von kleinen und mittelständischen Unternehmen dabei, mehr zu führen und weniger zu managen. Für seine wöchentlichen Führungsimpulse können Sie sich auf seiner Website www.mehr-fuehren.de anmelden.

Mit The Bridge unterstützt Judith Geiß als Interim Managerin oder Mentorin Führungskräfte und Mitarbeiter nach einer US-amerikanischen Übernahme während der Post-Merger-Integration in den neuen Mutterkonzern. Sie haben Fragen? Vereinbaren Sie einen Gesprächstermin.

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