Kommt nach der Übernahme die große Kündigungswelle?
Die sieben größten Ängste Ihrer Mitarbeiter in der Post-Merger-Integration und warum Sie diese ernst nehmen sollten.
Es ist ein zutiefst menschliches Verhalten: Wir mögen das Bekannte und vermeiden Ungewohntes, um unsere Komfortzone auf keinen Fall verlassen zu müssen. Genau dieser Wunsch nach gewohnten Abläufen wird durch eine US-amerikanische Übernahme von Grund auf erschüttert. Kein Wunder also, dass mit dem Bekanntwerden dieses so einschneidenden Schrittes viele Ängste, Sorgen und Bedenken bei allen Beteiligten auftreten werden – allen voran bei Ihren Mitarbeitern.
Das ist auch wenig verwunderlich: Jeder hat schon einmal in den Medien von einer Kündigungswelle gehört, die einem Großteil der Belegschaft nach einer Übernahme den Job gekostet hat. Sobald wir „Merger und Akquisition“ oder „Firmenübernahme“ auch nur hören, verbinden wir daher häufig ein negatives Bild mit diesen Begriffen.
Aus meiner langjährigen Praxis, in der ich als Übernahme-Mentorin und Managerin ad Interim viele Übernahmen deutscher Unternehmen begleitet habe, kann ich bestätigen, dass die Post-Merger-Integration das bekannte Arbeitsumfeld und die gewohnten Abläufe komplett auf den Kopf stellt.
„In der Übernahme-Phase und auch danach in der Post-Merger-Integration bleibt kein Stein im Unternehmen auf dem anderen.“
Übernahme-Mentorin Judith Geiß
Besonders die Ungewissheit und die vielen Unsicherheiten, die in dieser Zeit auf Sie und Ihr Team zukommen werden, können zur Belastung werden. Dabei ist es völlig normal, dass Ängste auftreten. Umso wichtiger ist es, dass Sie mögliche „Fallstricke“ kennen und proaktiv mit diesen Sorgen umgehen, um rechtzeitig Lösungen zu finden.
Die sieben Angst-Klassiker nach der Übernahme
Mehr als zehn Jahre lang unterstütze ich nun schon deutsche Unternehmen bei der Post-Merger-Integration nach einer US-amerikanischen Übernahme. Die Ängste, die dabei aufkommen können, kenne ich daher nur allzu gut. Hier kommen also für Sie die „Angst-Klassiker“, die ich in meiner langjährigen Tätigkeit beobachten konnte.
Noch ein Tipp vorneweg: Je besser Sie auf mögliche Sorgen vorbereitet sind, desto zielgerichteter können Sie reagieren. Und zwar im Idealfall, bevor Ihre Mitarbeiter unbedachte Entscheidungen treffen und sich bei Ihnen am Schreibtisch plötzlich die Kündigungen stapeln.
1. Angst den Job zu verlieren
Ein Unternehmen wird von einem US-Konzern übernommen und schon steht die große Kündigungswelle im Raum. Die Angst vor der Massenentlassungen ist wohl die häufigste Sorge, die im Kontext der Post-Merger-Integration aufkommen kann. Was dabei jedoch häufig unterschätzt wird, ist der Handlungsspielraum des deutschen Unternehmens, denn der ist absolut gegeben. Allerdings nur dann, wenn Führungskräfte und Mitarbeiter (!) von Anfang an eine offene Kommunikation pflegen. Denn die gute Nachricht lautet: Durch die Übernahme können sich auch neue (Job-)Chancen auftun, die Ihrem Team vielleicht zugutekommen.
Lese-Tipp: Kennen Sie schon meinen Artikel „Post-Merger-Integration: Kommunikation ist King, Beziehung ist Kong“? Darin finden Sie sechs Erfolgsfaktoren für gelungene Kommunikation in der Post-Merger-Integration.
2. Angst vor Veränderung
Die anfänglich schon erwähnte Angst vor der Veränderung ist nicht nur aus beruflicher Sicht relevant, sondern auch auf persönlicher Ebene. Durch eine Übernahme verändern sich nicht nur Zuständigkeiten und Unternehmensstrukturen, sondern auch Aufgaben. Einzelne Mitarbeiter oder Teams müssen plötzlich neue Tätigkeitsfelder übernehmen. In diesem Zusammenhang treten oft Sorgen auf, ob die Kompetenzen dafür ausreichen. Oft können die zugeteilten Aufgaben anfangs auch noch nicht eingeschätzt werden, was viele Fragezeichen aufwirft. Auch hier haben Sie als Führungskraft sehr viel Einfluss darauf, wie Ihr Team mit diesen Sorgen umgeht. Seien Sie präsent und nehmen Sie aufkommende Themen ernst. Nichts ist schlimmer als Gerüchte, die vor sich hin köcheln und plötzlich zum Flächenbrand werden.
3. Angst das gewohnte Arbeitsumfeld zu verlieren
Neue Strukturen, die sich unterwegs mehrfach ändern, sind im Integrationsprozess an der Tagesordnung. Das bedeutet, dass Zuständigkeiten, Verantwortungsbereiche und Entscheidungskompetenzen neu definiert werden. Der Lieblings-Kollege, mit dem man sich vielleicht lange Zeit das Büro geteilt hat, wird deswegen unter Umständen mit sofortiger Wirkung in eine andere Abteilung versetzt. Stattdessen ist man jetzt Teil eines neuen Teams und soll mit Menschen zusammenarbeiten, mit denen man früher am Flur vielleicht gerade mal freundlich einen Gruß ausgetauscht hat. Dass in diesem Spannungsfeld Konflikte auftreten können, versteht sich von selbst. Als Führungskraft ist es Ihre Aufgabe, die neuen Teams zu begleiten und in ihrem Neufindungsprozess zu unterstützen.
4. Angst im Stich gelassen zu werden
Das größte Geschenk, das Sie Ihren Mitarbeitern im Integrationsprozess machen können, ist Zeit gepaart mit Aufmerksamkeit. Ich empfehle Ihnen daher unbedingt, ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte Ihrer Belegschaft zu haben. Dabei empfiehlt es sich, eine Open-Door-Policy einzuführen. Signalisieren Sie Ihrem Team, dass Ihre Tür offensteht und Ihre Mitarbeiter auf Sie zukommen dürfen. Definieren Sie dabei jedoch im Sinne Ihres Terminplans klare Spielregeln, also etwa eine fixe Zeitspanne pro Tag, in der Sie für Fragen und Anliegen zur Verfügung stehen.
5. Angst vor Entscheidungen
„Wer selbst keine Entscheidungen trifft, muss mit den Entscheidungen der anderen leben.“ Übernahme-Mentorin Judith Geiß
Dieses Prinzip habe ich in der Praxis nur allzu oft beobachtet. Als Führungskraft können Sie Ihre Mitarbeiter bei der Entscheidungsfindung durch offene Kommunikation der neuen Rahmenbedingungen sowie möglicher Optionen unterstützen. Mitarbeitende sind gut beraten, sich frühzeitig zu informieren und Klarheit über Handlungsmöglichkeiten zu finden. Auch hier gilt wieder: Wer proaktiv mit der neuen Situation umgeht, hat einen klaren Vorteil und vermeidet es, unter Zeitdruck und in einer emotionalen Ausnahmesituation überhastete Entscheidungen treffen zu müssen.
6. Angst vor dem Versagen
In der Übernahmephase fühlt sich jeder im Unternehmen beobachtet. Niemand will in dieser herausfordernden Situation Fehler machen und doch ist genau das unvermeidbar. Selbst wenn ich Gefahr laufe, mich zu wiederholen: Vorausschauende Kommunikation ist auch in diesem Zusammenhang unverzichtbar. Einerseits, um Fehler von Anfang an durch einen Austausch untereinander abzuwenden. Andererseits natürlich auch, wenn Fehler bereits passiert sind. Denn dann sind sowohl Mitarbeiter als auch Führungskräfte gut beraten, offen und ehrlich damit umzugehen. So können alle Beteiligten daraus lernen.
7. Angst keinen Job mehr zu bekommen
Wer schon lange im Unternehmen ist und zudem ein gewisses Alter erreicht hat, sieht dem Schreckgespenst einer möglichen Kündigungswelle besonders angstvoll entgegen. Gerade diese Mitarbeitergruppe kann sich aber durch die lange Erfahrung und das im Laufe der Zeit angesammelte Wissen als besonders wertvoll erweisen. Doch das ist natürlich auch kein Freibrief für eine gesicherte berufliche Zukunft. Als Führungskraft können Sie jenen Teammitgliedern, die von einer Kündigung betroffen sind, gezielte Unterstützung anbieten. Etwa in Form einer Outplacement-Beratung oder durch ein konkretes Coaching-Angebot. Das ändert zwar nicht nichts an der sicher schmerzvollen Tatsache des Jobverlusts, Sie überlassen Ihre Mitarbeiter aber nicht einfach ihrem Schicksal.
Mein Tipp: Kennen Sie schon mein Übernahme-Mentoring? Im Rahmen dieses Angebots begleite ich Sie und Ihr Team mit all meiner Erfahrung und viel Fingerspitzengefühl durch die Post-Merger-Integration.
Kommt jetzt die Kündigungswelle? Mein Fazit
Die Katze ist aus dem Sack, die Übernahme wird öffentlich. Was nun folgt, ist eine herausfordernde Zeit für alle von der Führungsebene bis zum einzelnen Teammitglied. Wie Menschen mit der Veränderung umgehen, ist dabei sehr unterschiedlich. Grundsätzlich lassen sich vier grundlegende Verhaltensformen beobachten (Riemann-Thomann-Modell):
- Tendenz zu Nähe: Nähe-Menschen agieren stark auf der Beziehungsebene und benötigen den persönlichen Kontakt. Wertschätzung und offene Kommunikation sind essenziell für sie.
- Tendenz zu Distanz: Distanz-Menschen sind die klassischen Einzelkämpfer, was gerade in der Integrationsphase zur Herausforderung werden kann. Sie setzen gerne ihren eigenen Kopf durch und nehmen unter Umständen wenig Rücksicht auf die Bedürfnisse des Teams.
- Tendenz zu Dauer: Die ordnungsliebenden Dauer-Menschen behalten auch im größten Chaos den Überblick und sind eine wertvolle Stütze für das Team – vor allem, wenn es um die Organisation und Struktur der neuen Prozesse geht.
- Tendenz zum Wechseln: Wechsel-Menschen sind offen für Veränderung und damit in der Integrationsphase eher ein Unsicherheitsfaktor. Sie zeichnen sich durch Spontanität und Kreativität aus und begeistern mit ihren Ideen.
Als Führungskraft ist es in der Post-Merger-Integration Ihre Aufgabe, Ihr Team zusammenzuhalten und gut durch die neue Veränderung zu bringen. Sie werden dabei mit unterschiedlichen Verhaltensweisen, vielfältigen Sorgen und Ängsten konfrontiert sein. Doch ich kann Sie beruhigen: Die oft kolportierte Kündigungswelle ist ein Schreckgespenst, das meist nicht in dem befürchteten Ausmaß eintritt. Und selbst wenn es so ist, können Sie betroffenen Mitarbeitern helfen nach dem ersten Schock die Chancen in der neuen Situation zu nutzen. Bestärken Sie Ihre Teammitglieder darin, sich als Meister des eigenen Lebens zu sehen und das Beste aus der Übernahme zu machen.
Ja, das wird kein Kindergeburtstag und Sie werden immer wieder an Ihre Grenzen stoßen. Doch Sie müssen da nicht allein durch. Sehr gerne bin ich mit meiner langjährigen Erfahrung an Ihrer Seite, um Sie im Post-Merger-Integrationsprozess zu begleiten. Gemeinsam umschiffen wir die Klippen, finden Lösungen und neue Perspektiven, die Ihnen und Ihrem Team helfen, gestärkt in die neue Situation zu gehen – selbst dann, wenn sich Kündigungen nicht gänzlich vermeiden lassen. Vereinbaren Sie jetzt ein unverbindliches Erstgespräch mit mir!
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