Podcast-Episode 46: Interview Armin Sarstedt – Die Übernahme-Formel (Teil 4/4): Die Geschichte hinter dem Geleitwort

Judith Geiß im Gespräch mit Armin Sarstedt über deutsche und amerikanische Mentalitäten in der Post-Merger-Integration.

 

 

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Inhalt / Links zu dieser Episode:

Schon beim Einblick in die Übernahmeformel am 02. Juni bot Judith Geiß eine Vorschau in das Geleitwort ihres neuen Buches. Freuen Sie sich in dieser Episode auf ein mitreißendes und interessantes Gespräch mit dessen Verfasser: Armin Sarstedt. Neben einem überraschenden Blick hinter die Kulissen, wie es eigentlich zu dem Geleitwort kam, erwarten Sie auch heute wieder zahlreiche, nützliche Infos, Tipps und Erfahrungen zum Thema US-amerikanische Übernahmen.

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Ihre Judith Geiß


Transkript der Podcast-Folge:

Speaker: [00:00:00] Übernahme als Chance. Der Podcast von und mit Judith Geiß. Sie und Ihr Unternehmen sind von einer Übernahme betroffen? Dann sind Sie hier genau richtig. Judith Geiß, die Expertin für US-amerikanische Übernahmen im deutschsprachigen Raum, teilt mit Ihnen wertvolle Tipps und Tricks und zeigt Ihnen, wie Sie diese Veränderung für sich und Ihr Unternehmen nutzen können. Ganz nach dem Motto: take the chance.

Judith Geiß: [00:00:24] Hallo und herzlich willkommen zur heutigen Episode des Übername als Chance Podcasts. Heute schließen wir zunächst mal die Sonderfolgen zum Buch „Die Übernahme-Formel“ ab. Und wie könnte ich das besser als mit meinem Gesprächs-Gast heute, der nämlich das Geleitwort aus dem Buch geschrieben hat. Und wir haben uns heute vorgenommen, die Themen, die vorangegangen angesprochen wurden, aus der Sicht eines Praktikers zu sehen. Weil es gibt natürlich einen Grund, warum Armin Sarstedt heute mit uns hier da ist, und daher würde ich sagen, lieber Armin, herzlich willkommen im Podcast. Ich weiß, es ist dein erstes Interview. Ich freue mich, dass ich dich interviewen darf. Neben dem, dass ich mich natürlich freue, dass du das Geleitwort geschrieben hast. Aber was treibt uns zusammen? Und wie ist die genaue Geschichte dahinter? Das wollen wir heute teilen. Von dem her überlasse ich erst einmal dir das Wort, dich vorzustellen.

Im amerikanischen Arbeitsumfeld ist vieles anders

Armin Sarstedt: [00:01:23] Ja. Hallo Judith. Vielen Dank für die Einladung. Sehr gerne. Das ist eine interessante Geschichte, wie wir zusammen gefunden haben. Es ist, glaube ich, drei Jahre her. Ich selbst bin seit 37 Jahren in der Halbleiterei in der Mikroelektronik tätig, war bei drei großen Konzernen, erst Siemens, dann Infinion, dann Intel und bin seit 2011 bei Intel, einem amerikanischen Konzern und bin zu diesem Konzern gekommen über eine Akquisition des Mobilfunk Geschäfts von Infineon durch Intel. Auf diese Weise bin ich in ein amerikanisches Arbeitsumfeld gekommen und habe sehr schnell festgestellt, dass doch einiges anders ist. Anders heißt ja nicht zwingend schlechter, aber anders, und habe dann irgendwann mal angefangen, meine ganzen Beobachtungen für mich selbst so ein bisschen zu protokollieren, weil es sind so viele Dinge, die man beobachtet hat, die man sich gar nicht mehr alle so einfach merken konnte.
Und eines Silvesters habe ich in einem Sauna-Ruheraum im Urlaub im Stern einen deiner Artikel gelesen und hab mir gedacht: Siehe da, es sind noch mehr Leute da, die sich mit solchen Themen beschäftigen. Und daraufhin haben wir Kontakt aufgenommen, habe ich dich angeschrieben, habe Kontakt aufgenommen und das hat sich dann ganz rasant entwickelt. Häufige Austausche, wir sind meine ganzen Aufzeichnungen, die dann irgendwann mal 18 Seiten umfasst haben, durchgegangen. Da war sicherlich nicht alles neu für dich, aber vielleicht das ein oder andere doch, oder du hast dich bestätigt gefühlt.
Und seitdem haben wir auch regelmäßigen Austausch, bis du mich dann irgendwann gefragt hattest, ob ich gerne das Vorwort, das Geleitwort für dein Buch schreiben möchte. Und es war dann für mich nochmal eine interessante Erfahrung, aus diesen 18 Seiten Notizen über alles Mögliche, drei, vier Seiten eine Story mit rotem Faden zu machen, die dann genau in das Buch von dir überführt. Und das Ganze gipfelt jetzt momentan mal in diesem Interview.

Judith Geiß: [00:03:10] Ja, also vielen Dank für den Hintergrund zu der Geschichte. Und während du erzählt hast, dass das schon drei Jahre her ist, muss ich sagen, vielleicht hast du indirekt dazu wirklich auch das Fundament gelegt für die Übernahme-Formel, weil ich eigentlich 2019 im Januar spontan entschieden habe, dass ich ein Buch schreibe. Und da könnten wir gegebenenfalls ziemlich knapp aneinander vorbei gewesen sein. Oder zumindest die Entscheidung war noch nicht, wie sag ich jetzt mal, noch nicht alt und da wirklich die Unterstützung. Ich fand das sehr schön, wie du es auch heute gesagt hast. Dieses da ist noch jemand anders, der sich mit diesem Thema beschäftigt. Weil so wie du sagst, dass es wirklich anders wird, das erlebt man ja erst, wenn man wirklich drin ist, und man braucht da diese Sensibilität, dass eben dieser, nenne ich es jetzt mal, Post Merger Integration komplett neue Situation für alle ist und man auch einen Weg zusammen finden muss. Letztendlich hatte dich aber auch was bewegt, um diese ganzen Beobachtungen mal aufzuschreiben. Magst du da vielleicht noch ein bisschen drauf eingehen, weil um 18 Seiten zu schreiben mit dem Job, den du natürlich auch immer hast, da bewegt einen ja was, magst du uns ein bisschen erzählen, was dich da genau bewegt hat, mal das aufzuschreiben?

Armin Sarstedt: [00:04:24] Ja, gerne. Zunächst mal möchte ich noch sagen, von der Funktion, die ich dort begleitet habe zehn Jahre lang, war eine globale Funktion eine Executive Funktion. Ich war dort Vice President und, aber was für die Firma vollkommen unüblich war, und für viele amerikanische Firmen vollkommen üblich war, eine Executive Position aus Deutschland heraus bekleidet. Wir hatten in Deutschland ein größeres Team, was bei der Akquisition übergewechselt ist, und haben dann später dieses Team in Deutschland, wobei es war ein Team in Deutschland und auch ein größeres Team in Singapur, mit vorhandenen Teams aus dem übernehmenden Unternehmen zusammengeführt. Und dieses hat sich dann letztendlich zu einer globalen Verantwortung entwickelt, die ich aus München heraus begleitet habe. Das hat natürlich zur Folge gehabt, dass ich viel unterwegs war: zwischen 8 und 10 Mal im Jahr in USA, weitere zwei- bis dreimal im Jahr in Asien. Aber es hat auch dazu geführt, dass ich erstens für mich viel Erfahrung gesammelt habe, wie man sowas am besten angeht, was man besser auch nicht macht. Und ich habe viele Beobachtungen gemacht.
Ich glaube, das ist der Punkt, auf den du aus bist. Viele Beobachtungen gemacht, wie Dinge auch schief gehen können. Und ich habe viele Kollegen erlebt, die nach relativ kurzer Zeit aus dem Unternehmen wieder ausgeschieden sind. Entweder auf eigenen, auf eigenes Betreiben oder weil es einfach nicht funktioniert hat. Und das war eine Entwicklung über die ganze Zeit, die man schon bezeichnen kann, dass das eine Dimension hat. Ich habe auch meine eigenen Erfahrungen gemacht, wie man sich verhalten muss, um hier weiterzukommen, was man für sich selbst akzeptieren muss, um hier präsent zu sein und um hier solche Positionen bekleiden zu können. Und das ist ganz sicher auch nicht immer einfach.

Alte Zöpfen sind wie ein kurzes Seil in den Abgrund

Judith Geiß: [00:06:11] Ich würde gerne mal mit dem Einwand, was ich immer bei den Kunden höre, mal kurz da reingehen und zwar das Thema: Ja, aber ich verbiege mich doch nicht. Ich denke, dieses Thema kennst du. Ich glaube nicht, dass du dich in deiner Rolle verbogen hast, aber ich glaube, du hast es geschickt geschafft aus den Erfahrungen, die andere gemacht haben, deine Erfolge oder deine Lösung dann auch abzuleiten. Weil du hättest ja denselben Weg gehen können, aber du hast aufmerksam beobachtet, was funktioniert und was nicht funktioniert, oder?

Armin Sarstedt: [00:06:39] Ja, und ich habe natürlich auch Glück gehabt, dass ich einiges selber nicht von vornherein fundamental falsch gemacht hatte und es dann zu spät vielleicht wahrgenommen hätte. Da ist natürlich auch ein bisschen Glück des Tüchtigen vielleicht dabei, keine Frage.

Judith Geiß: [00:06:52] Da bin ich mir ganz sicher. Aber unabhängig davon, was ich von vornherein immer in unserem Austausch wichtig fand, dir war immer klar, dass du beobachten musst. Das heißt, trotz allem. Ich meine, deine Tage, die waren sicherlich nicht nine to five, logischerweise nicht in der Rolle. Aber du hast dir immer wieder diese Zeit genommen, diese Beobachtungen auch richtig wahrzunehmen und nicht an dir vorbeirauschen zu lassen.

Armin Sarstedt: [00:07:15] Nein, meine Tage war nicht nine to five. Die waren tendenziell eher eleven to two. Aber nicht two im Sinne von fourteen, sondern im Sinne von two durch die Zeitzonen. Aber erst mal das Wichtigste darin überhaupt ist, das hat nichts mit verbiegen zu tun. Ja, manche Leute mögen das so sehen mit einer Akquisition. Es gibt einen Grund, warum eine Firma akquiriert, und es gibt einen Grund, warum man eine andere Firma ein bisschen besser macht. Und wenn man bei einer solchen Akquisition dabei ist und mit die Firma wechselt, hat man einen neuen Arbeitgeber. Das ist so profan, wie es klingt, so schwierig ist es vielleicht, dass für sich selbst zu realisieren.
Man hat ein neues Umfeld, man hat einen neuen Arbeitgeber, man hat eine neue strategische Richtung und Entscheidungsprozesse. Alles ist neu und zu glauben, man könne jetzt hier an den alten Zöpfen festhalten: Wir haben das doch schon immer anders gemacht, wir haben es schon immer so gemacht. Das ist, wie man schön auf auf amerikanisch deutsch sagt: recipe to fail. Sondern man muss schon akzeptieren, dass der neue Arbeitgeber – die Firma, die die Akquisition durchgeführt hat, die einen gekauft hat – gewisse Ziele damit verfolgt, gewisse Geschäftsziele damit verfolgt. Sei es technologischer Art, sei es marktmäßig, sei es Kunden, sei es Produkte. Aber es ist ein Geschäft der neuen Firma und nicht der alten Firma. Und was man hier auch ganz sicher zur Kenntnis nehmen muss: Der Vergangenheit nachzutrauern, nach dem Motto „Es war doch alles viel toller früher“ führt zu rein gar nichts außer zu Stress

Judith Geiß: [00:08:45] Auf beiden Seiten letztendlich.

Armin Sarstedt: [00:08:46] Auf beiden Seiten, auf beiden Seiten. Genau. Es gab da auch so einen schönen Spruch, den wir immer wieder gehört haben, den ich immer wieder gehört habe, den ich auch immer wieder angebracht habe, der ist: There is just one way and this is forward. Rückwärts gucken hat keinen Sinn im Sinne von der Vergangenheit nachtrauern, im Sinne von was hab ich gelernt und wie kann ich das anwenden? Ja, natürlich. Aber im Sinne von nachtrauern, das führt zu rein gar nichts. Und entweder, man sagt ja, auch schon wiederum auf neudeutsch: love it, change it or leave it. Entweder man kann sich damit anfreunden, das hat aber nichts mit verbiegen zu tun, weil es gibt ja nicht nur die eine Wahrheit. Es gibt ja viele Wahrheiten. Man kommt in dem Umfeld zurecht, man wird bekannt, man macht sich auch bekannt. Auf das Thema Networking komme ich nachher nochmal. Oder man kann auch Dinge verändern. Und es ist immer irgendein Veränderungsprozess, bei sich selbst und auch bei der aufnehmend Firma. Da darf man nicht unfair sein. Auch dort finden Veränderungsprozesse statt. Das findet natürlich statt. Und wenn alles nichts hilft, muss man sein Glück woanders suchen. Es ist überhaupt nichts Verwerfliches, seine Karriere woanders fortzusetzen. Das einzige. was verwerflich ist, ist zu sagen, ich schaff das hier nicht, ich pack das hier nicht, ich will das hier nicht, macht alls weiter und das geht nicht gut. Auf keiner Seite.

Judith Geiß: [00:09:57] Definitiv. Hier dann auch den Hinweis an die Podcast-Hörer, die vielleicht erst seit den Folgen zum Buch hin zugeschaltet haben: Es gibt verschiedene Interviews, die genau das auch nochmal belegen und meine Interviewpartner genau in dieselbe Kerbe hauen, sag ich jetzt mal, wie Armin. Und zwar würde ich da gerne verweisen an das Interview mit Dr. Bernd Geropp, der genau zu diesen Themen, diesem Alten nicht nachzutrauern, sondern was mache ich, wenn ich dann übernommen wurde, in dem Fall aus der Warte des Gesellschafters. Aber auch Michael Asshauer, der mit seinem Start up Familonet von jetzt auf gleich bei Daimler war und letztendlich was nämlich Armin ja auch schon angedeutet hat, wie wichtig es ist, gerade als Führungskraft und Mitarbeiter sich als Experte zu positionieren. Denn nur so wird man in den USA gesehen. Weil es wird niemand vorbeikommen und, sag ich jetzt mal, von sich aus dann sehen, was man leistet, sondern man muss sich da auch positionieren. Ich gehe davon aus, da gehst du sicherlich mit, zu sagen, man muss sich als Experte positionieren, man muss sich einen Namen machen.

Viele scheitern an falsch verstandenem Networking

Armin Sarstedt: [00:10:58] Man muss bekanntwerden. Das ist das Thema Netzwerken, was ich eben angesprochen habe. Das ist auch ein häufiges Missverständnis, ein häufiger Fehler, den ich beobachten konnte. Leute sagen: Na ja, ich fahr mal nach Amerika und schüttele jedem die Hand. Dann hab ich Networking betrieben. Nein, Networking ist nicht, jemanden zu kennen. Networking ist, bekannt zu sein und bekannt zu werden mit seinem Wertbeitrag als Person, als Mensch, als Kollege und mit seinem Wertbeitrag. Und das schaffe ich nicht dadurch, dass ich einmal im Monat anrufe und vielleicht einmal im Jahr dahin fahre.
Viele, viele Karrieren, die ich nach der Akquisition habe scheitern gesehen, scheitern im Zweifelsfall genau daran, dass man entweder alles weitermachen wollte wie bisher oder dass man einfach es nicht geschafft hat, bekannt zu werden. Oder dass man zwar bekannt wurde, aber das akquirierende Unternehmen, also der neue Arbeitgeber, den Wertbeitrag nicht wahrgenommen hat, weil er nicht dargestellt wurde oder weil man ihn nicht wahrnehmen konnte, weil man eine andere Sprache gesprochen hat, nicht im Sinne von Deutsch-Englisch, sondern vom Inhalt her eine andere Sprache gesprochen hat und da einfach nicht zusammengekommen ist.
Das sind alles Dinge, die ich vielfältig beobachtet habe. Und es sind auch Dinge, die ich vielfältig umgekehrt beobachtet hatte. In meiner Zeit dort habe ich auch selbst Akquisitionen begleitet. Obwohl ich selbst durch eine Akquisition dorthin kam, habe ich dann selbst Akquisitionen auch begleitet und auch dort war genau das Gleiche zu machen. Und obwohl es teilweise Akquisitionen innerhalb der USA waren, wo eine amerikanische Firma eine amerikanische Firma akquiriert hat, sind doch immer wieder ähnliche Probleme aufgetreten. Sie sind dann bei uns hier natürlich noch verschärft aufgetreten, weil die Kulturen anders sind. Die Sprache, und zwar, wie gesagt, nicht im Sinne von Schulenglisch gegen Schuldeutsch, sondern die wahre Sprache mit der privaten Kommunikation auch und mit den Botschaften zwischen den Zeilen und Slang, Ausdrücke und so weiter und so weiter, was dann natürlich auch zu riesigen Problemen geführt hat.

Der Akquisegrund ist der Schlüssel für viele Entscheidungen

Judith Geiß: [00:12:57] Aber du hast sicherlich auch die gesehen, die durch die richtige Positionierung, ähnlich wie du, eine Karriere gemacht haben, die vielleicht so nicht darstellbar vorher gewesen wäre, weil man da nicht so essentiell geworden wäre für das Unternehmen, oder?

Armin Sarstedt: [00:13:12] Gab es auch. Ich glaube es definitiv auch. Und es sind immer wieder auch hier immer wieder dieselben Rezepte. Die Leute, die sich so positioniert haben, wie ich es gerade auch geschildert habe. Das darf man jetzt nicht falsch verstehen. Es geht auch nicht darum, mikroskopisch genau, auf den Millimeter genau, dieses Verhalten so zu kopieren, sondern es geht um den Grundgedanken, um das Mindset. Wie gehe ich an die Themen ran? Wie verhalte ich mich grundsätzlich? Die, die alle so ein bisschen diese Richtung eingeschlagen hatten, die waren auch relativ lange da, sind heute noch teilweise da, und die Leute, die das nicht gemacht haben, die sind dann auch weg. Man darf aber trotz alledem auch eine Schwierigkeit, die man auch gar nicht übersehen darf, die muss man einfach auch immer wieder erwähnen. Ein amerikanisches Unternehmen sieht hohe Führungspositionen im Ausland tendenziell eher als die Ausnahme an. Es ist nicht die Regel, es ist die Ausnahme. Und das macht natürlich, je nach dem in welcher Hierarchie-Position man sitzt, die Themen auch mehr oder weniger leicht.

Judith Geiß: [00:14:13] Genau da würde ich jetzt nur nochmal die Anmerkung geben, dass das natürlich aus deiner Konzern-Sicht und aus der Größe des Konzerns resultiertend genau so ist. Meine Anmerkung definitiv, nachdem das ja der Praxis-Leitfaden für den Mittelstand sozusagen auch ist. Auf der Ebene des Mittelstandes kann sich das ganz anders verhalten. Da ist ein amerikanisches Unternehmen, das ein deutsches Unternehmen kauft, weil es z.B. startet, in Europa größer zu werden oder überhaupt zu wachsen. Bedeutet, in Europa brauchen die Funktionen, die jetzt in eurem Fall ja anders begründet schon da waren, aber jetzt wirklich so eine Akquisition in dem Bereich, da kann es wirklich passieren, so hab ich das auch gesehen, dass der Leiter IT von einem Unternehmen von 200 Mann über kurz oder lang Europa verantwortet hat. Und irgendwann mal waren es 15 Unternehmen, die dann nach und nach zugekauft wurden aufgrund der Strategie des amerikanischen Unternehmens. Also auch da sieht man wieder, wie viele Facetten es hat und auch da ist ja, jeder muss entscheiden, wie kann er damit umgehen. Also ich muss sagen, ich finde immer toll, was du berichtest von der Größe des Konzerns, aber ich bin da nicht zu Hause, sag ich jetzt mal, das ist nicht die Umgebung, wo ich mit Sicherheit mich optimal bewegen könnte.

[00:15:28] Deshalb will ich diesen Mittelstand, wo die, sag ich jetzt mal, die einzelnen Entities in Deutschland oder in Europa aufgebaut werden. Und da muss ich sagen, wir sehen da teilweise wirklich Entwicklungen, wo wir gesagt haben, ist es wirklich noch dasselbe? Aber durch dieses Empowerment, was dieses Selbstverständnis auch der Amerikaner ist, entwickeln sich die Menschen letztendlich, wenn sie offen dafür sind, zu Position, wo man dann sagt: Wow, wie hat der sich gemacht. Und auch die halten sich da. Und was unterscheidet die? Ähnlich wie du auch sagst, sie sind offen dafür. Sie wollen lernen und vor allem, sie wollen auch wachsen, und zwar dieses innerliche Wachstum. Und dann ist es ja so, wenn man ein Unternehmen mit 200 Mann kauft, da gibt’s ja nicht 10 IT-ler, sondern da gibt’s den IT-Leiter, meistens noch einen Studenten, Azubi oder irgendwas und noch vielleicht ne Teilzeitkraft. Das heißt, da sind ja Potenziale da. Allein diese Führungsverantwortung für so ein Thema oder dann mal ne EAP Implementierung oder irgendetwas zu verantworten, wenn man das mit seiner Gesellschaft zuerst gemacht hat. Also vielfältige Möglichkeiten.

Armin Sarstedt: [00:16:28] Nein, das was du sagst, Judith, ist vollkommen richtig. Ganz, ganz wichtig ist, dass man sich mit den Gründen beschäftigt, den wahren Gründen beschäftigt, warum das amerikanische Unternehmen das deutsche Unternehmen akquiriert hat, und viele Details ergeben sich dann daraus. Es gibt die unterschiedlichsten Gründe, die Gründe sind weiß Gott nicht alle gleich, sie sind beliebig unterschiedlich. Aber will man das Know how einkaufen? Will man vielleicht den deutschen oder europäischen Markt einkaufen und bedienen, dann hat man ganz andere Voraussetzungen. Es gibt Probleme und es gibt Themen, die immer wieder bleiben. Die Zeitzonen z.B. kriegst du nicht weg, die Nacht-Meetings kriegst du nicht weg. Aber es gibt auch viele Themen, die wirklich im Detail völlig, vollkommen davon abhängig sind, was der Akquisitions-Grund ist.

Meetings nachts um 2 sind für viele keine Dauerlösung

Judith Geiß: [00:17:09] Definitiv. Wir haben ja immer dieses mit diesen Zeitverschiebungen, mit den Meetings nachts um 2 und ähnliches oder die da enden, die für dich ja an der Tagesordnung waren. Auch weil du natürlich auch weltweit gearbeitet hast oder global. Hier da auch nochmal die Randnotiz an den Mittelstand: Es ist im Mittelstand dann nicht normal, dass sie bis nachts um 2 arbeiten. Vielleicht können sie das über kurz oder lang, nicht, weil sie es da gewohnt sind, dass sie morgens eben nicht erst um 11 oder 12, dann wie man so schön sagt, einlaufen, sondern da wird erwartet, dass sie weiterhin in der deutschen Zeit verfügbar sind und dann aber noch zusätzlich die Projektarbeit mit den Amerikanern in der Anfangszeit. Aber dann natürlich den Austausch. Und da sehe ich sehr oft diese Falle, in die man dann gerät, dass man dann sagt, ja, wir müssen das noch klären, und dann hab ich wenigstens mein Tagesgeschäft weg. Also das normale Geschäft. Und dann sitzt man irgendwann auf die Dauer irgendwie nachts von 12 bis zwei in einem Regel-Termin. Und davor, insbesondere in meinem Fall, warne ich meine Kunden, wenn sie das machen wollen. Wenn Sie Nachtmensch sind, absolut okay. Aber wir haben es auch schon erlebt, dass wir mit 20 Leuten da saßen und nachts von 12 bis 2 Monatsabschluss-Themen besprochen haben. Und da muss man sich wirklich überlegen: Muss das wirklich sein? Also auch da wieder die Unterscheidung: Zu was bin ich bereit? Wir hatten es gerade vor kurzem, wo du auch gesagt hast, also vor 10 brauchen wir ja uns nicht zu treffen online, weil du dein Leben einfach dazu angepasst hast und du warst auch in der Lage, dich da so anzupassen.

Judith Geiß: [00:18:35] Ich persönlich hab das natürlich über die Jahre auch gelernt, aber ich bin z.B. auch ein absoluter Frühaufsteher, d. h. ab und an, wenn ich einfach die Möglichkeit habe, so wie heute bei 25 Grad früh aufzustehen und dafür eine lange Mittagspause zu machen, geht mit den Ammis auch noch, wenn die Zeitverschiebung richtig passt, aber natürlich, wenn es dann nachts um 12 Uhr ein Meetings gibt, wenns eine laue Sommernacht ist, das findet man dann nicht unbedingt immer so prickelnd. Und deshalb daher wirklich diese Standortbestimmung für jeden: Was kann ich mitgehen und was will ich vor allem auf die Dauer mitgehen?
Und da kommen wir nämlich zu einem Punkt, wo das Vorwort zum Geleitwort mit einfließt: Es ist kein Sprint, was man da macht in dieser Übername-Situation, sondern es ist ein Marathon. Und wer läuft schon den Marathon unvorbereitet? Aber das nur mal am Rande noch bemerkt. Aber ich finde es immer so interessant. Wir haben wirklich immer die Themen, wo wir unterschiedliche Ansichten haben bzw. wo ich dann auch bewusst anders berate, weil ich halt einfach gesehen habe, wie gerade im Mittelstand die Mitarbeiter so frustriert mit der Zeit sind, die Frau natürlich daheim auf die Barrikaden geht oder der Mann. Oder man sagt: Ich sehe die Kinder nicht, weil morgens sind sie dann schon in der Schule, wenn ich aufstehe und nachts schlafen sie. Also von dem her, wenn man sich auf bestimmte Dinge einlässt, dann halt mit allen Konsequenzen. Und dem Amerikaner dann klarzumachen, was vielleicht ein halbes Jahr ja ging, geht jetzt plötzlich nicht mehr, das ist nicht so leicht.

Armin Sarstedt: [00:19:56] Das ist ein Missverständnis, ein Missverständnis vorbeugen. Ich wollte das nicht als das Allheilmittel und das Patentrezept hier anpreisen. Es gibt auch im Konzern viele, viele Leute, die da schwer mit kämpfen, wo auch die Familie zuhause wartet, wo es einfach nicht passt. Und ich sage auch nicht, dass das bei mir immer gepasst hat. Es ist nicht das, was ich meine, aber es ließ sich oft nicht vermeiden. Und da geht’s halt einfach darum, in irgendeiner cleveren Form sich durch zu lavieren und auch mit den Partnern in den USA zu versuchen, irgendwelche Kompromiss-Vorgehensweisen zu finden, ohne jetzt hier jemandem Sand in die Augen streuen zu wollen. Das ist nicht einfach aus meiner Erfahrung.

Judith Geiß: [00:20:35] Deshalb währet den Anfängen. Am Anfang schon klar sagen: Wozu bin ich bereit? Wobei ich da auch immer höre, ja zu was bin ich bereit? Ich weiß ja gar nicht, was passiert. Also ohne jetzt Eigenwerbung in dem Fall zu machen, aber da ist es natürlich geschickt, jemanden wie Armin oder mich an der Seite zu haben, die sowas mal erlebt haben. Also im Freundeskreis vielleicht mal rumfragen. Und wenn die Geschichten dann eher so sich anhören, als wären sie aus der Presse, was man da so erlebt hat, dann vielleicht doch mal den Experten fragen, wie uns beide, die das wirklich täglich mitgemacht haben. Und da ist es auch so, wie gesagt, es gibt nicht das Richtige. Es gibt nicht das Falsche, sondern das Individuelle, was passt. Und wie bei all dem kann man sich auch wieder entscheiden, dass es aktuell nicht mehr das Passende ist. Das nehmen sich ja die Amerikaner ehrlicherweise auch raus. Wenn ich das mal so spitz formulieren darf.

Armin Sarstedt: [00:21:23] Die nehmen sich viel mehr raus als wir.

Judith Geiß: [00:21:24] Da sind wir bei diesem Hire and Fire, was ja dann irgendwann darin mündet.

Mit neuen Vorgesetzten kommen neue Herausforderungen

Armin Sarstedt: [00:21:29] Judith, darf ich erst noch etwas zu dem anderen Thema schnell sagen?

Judith Geiß: [00:21:32] Na klar.

Armin Sarstedt: [00:21:33] Eine weitere Beobachtung zu diesem Thema mit den Spät-Meetings und Kompromisse finden und so weiter. Eine Beobachtung, die ich jetzt in letzter Zeit gemacht habe und zwar in letzter Zeit gemacht hab, nachdem ich dieses Geleitwort geschrieben habe. Deswegen steht es auch gar nicht drin.

Judith Geiß: [00:21:46] Dann was ganz Besonders für die Hörer heute.

Armin Sarstedt: [00:21:48] Die Generation Führungskräfte in dem akquirierenden Unternehmen, in dem Fall bei den Amerikanern, die für diese Akquisition verantwortlich sind, haben in der Regel deutlich mehr Verständnis für diesen globalen Setup. Weil die haben diese Akquisition dieser Firma betrieben. Sie haben sie integriert, haben auch mit die Führungskräfte positioniert, auch in dem übernommenen Unternehmen die Führungskräfte positioniert. Aber das Berufliche, die berufliche Lebensdauer dieser Leute, zumindest auf diesen Positionen, ist genauso endlich, wie sie bei uns endlich ist. Und irgendwann kommt eine neue Generation und es gibt eine Umorganisation oder, oder, oder. Und dann hat man dort Personen als Partner, die mit der eigenen Historie, der Akquisition, die die gar nicht kennen und auch sie gar nicht interessieren. Und dann wird dieses, was du auch sagtest. währet den Anfängen, auch immer schwieriger, weil mit der ersten Generation der Führungskräfte, dort lässt sich das meistens in irgendeiner vernünftigen Form regeln. Aber das wird dann zusehends schwieriger, wenn auch dort das Personal wechselt. Und das Personal wird wechseln. Und ich glaube, das ist auch unabhängig, ob das ein großer Konzern oder ein kleines oder mittelständisches Unternehmen ist.

Bei Personalabbau ist die deutsche Geschäftsführung gefragt

Judith Geiß: [00:22:57] Definitiv. Und da ist es immer wie auch bei den Kollegen. Also auch bei den Kollegen hat man, sag ich jetzt mal, Leute, die kommen und gehen. Mit dem Müller kann man besser als mit dem Meier, und mit dem Meier soll man aber enger zusammenarbeiten, und das hat dann auch Auswirkungen. Aber letztendlich würde ich doch nochmal diesen switch dann nochmal machen, weil man ja den Amis über dieses Thema natürlich mit Hire and Fire oder unser Artikel der uns zusammengebracht hat, das Thema up in the air, einfach nochmal ansprechen. Also sicherlich würde ich jetzt sagen, eines der Themen, also Top 3, die ich gefragt werde: Ist das denn so mit diesem Hire and Fire? Was würdest du denn da antworten?

Armin Sarstedt: [00:23:37] Da würde ich mit einem entschiedenen Vielleicht antworten. Zunächst mal ist das Arbeitsrecht in Deutschland vollkommen anders als das Arbeitsrecht in Amerika. Das ist schlicht mal so. Und jetzt sage ich etwas ganz Gewagtes. Unser Arbeitsrecht hat sehr viele gute Dinge, hat aber auch einige Dinge, die wenig hilfreich sind, um es ganz höflich zu formulieren. Beides. Und in USA ist es so, wenn man selbst kündigt, das geht immer in beiden Richtungen. Wenn man selbst kündigen will, blickt man auf und geht. Man sagt noch Bescheid. Gibt seinen Rechner ab und geht. Wenn man gekündigt wird, kann das sehr ähnlich laufen. Auch wenn mal Personal-Kürzungs-Maßnahmen umgesetzt werden oder wenn man sich von einem Mitarbeiter trennen will. Man teilt ihm mit, dass er bitte die Firma verlassen möge. Fertig. Und wenn er nicht geht, kommt der Werkschutz. Sicher gibt’s da noch irgendeine Abfindung, je nach Rolle, je nach Position. Aber im Prinzip ist es dann relativ bald zu Ende. Umgekehrt ist ein solches Thema, muss man auch fairerweise sagen, in der Biografie eines Amerikaners auch nicht großartig störend. Auch ein neuer Arbeitgeber weiß, dass das so ist, weil er agiert genauso. Und wenn man einen vernünftigen Job macht, ist man genauso schnell wieder irgendwo drin, wie man woanders draußen war. Ist auch Realität bei uns. Wir haben die Kündigungsfristen. Wir haben Betriebsräte. Alles, bitte mich nicht falsch verstehen, ich meine das gar nicht negativ, hat sein Für und Wider. Und davor schrecken Amerikaner oft auch zurück, weil sie da einfach nicht durchblicken. Sie wollen dann ähnlich vorgehen, wie sie bei sich vorgehen. Müssen dann lernen, es geht nicht.
Da sag ich mal als Deutscher, Gott sei Dank geht es bei uns nicht. Und sie tun sich aber sehr schwer, sich mit dieser Situation abzufinden oder an die Systeme anzupassen. Ist auch meine Beobachtung. Am Ende des Tages hängt es dann davon ab, wie sehr die lokale, die deutsche Führung den amerikanischen Kollegen klarmachen kann, passt mal auf, ihr habt eure Sachen, die wir nicht verstehen und wir haben unsere Sachen, die ihr nicht versteht. Macht ihr eure Sachen, machen wir unsere Sachen. Wir verfolgen die Unternehmensziele. Wenn wir ein Personalabbau-Programm haben, dann werden wir das umsetzen, aber nach unseren Regeln und wir werden die Ergebnisse liefern. Es wird aber nicht so sein, wie man es aus Amerika gewöhnt ist. Das ist auch eine Beobachtung, die ich gemacht habe.
Und dann habe ich auch eine Beobachtung gemacht, die natürlich durchaus zu Spannungen führen kann, wenn man auf deutscher Seite dann bei solchen Themen sagt: ja, wir können aber nicht wegen unserer Gesetzgebung. Da sind Spannungen vorprogrammiert. Es geht nicht darum, illegal zu agieren. Da sind viele Amerikaner noch viel sensibler als wir. Illegal agieren geht gar nicht. Aber Mittel und Wege finden in allgemeinem Einvernehmen und trotzdem die Unternehmensziele verfolgen und umsetzen, auch mal bei kritischen Themen wie Personalabbau. Das ist etwas, was definitiv dann von der deutschen Führung erwartet wird. Und wenn die deutsche Führung sich dann hinter einer deutschen Gesetzgebung versteckt, wird sie nicht mehr so lange deutsche Führung sein.

Judith Geiß: [00:26:26] Dann hat sich der Kreis geschlossen zu Hire and Fire. Aber was ich viel interessanter fand, das wir ganz direkt bei diesen auch kulturellen Unterschieden sind. Also vielleicht mal eine pragmatische Lösung zu finden für einen Deutschen, der eher geprägt ist durch deutsche Ingenieurskunst, ohne da jemandem zu nahe zu treten. Aber ich weiß genau, du kannst aus dem Stand ganz viele Unterschiede nochmal aufnehmen, die du in den Jahren einfach festgestellt hast. Und ich glaube auch, dass da die eine oder andere dabei ist, wo wir uns wirklich ähnlich wie beim Pragmatismus, was ich persönlich auch immer sage, jetzt mal diese Fünfe gerade sein lassen, was ich eigentlich gut finde und auch für mich adaptiert habe. Aber du hast ja da noch ein paar mehr, wo ich glaube, da gibt’s noch mehr, wo wir uns ein bisschen was abschneiden können.

Amerikanische Mentalitäten, die Sie kennen sollten

Armin Sarstedt: [00:27:13] Ja, das ist ein guter Punkt. Zunächst mal möchte ich mit einem großen Missverständnis anfangen, dem viele Deutsche unterliegen, vielleicht sogar bis in unsere Regierungsebenen hinaus. Ich will ja niemandem zu nahe treten. Aber ich glaube, das ist ein weit verbreitetes Missverständnis, weil der Amerikaner, wie wir ihn kennen, und der Deutsche sehr ähnlich aussehen, zu sehr ähnlich sehen, glauben wir, dass wir auch von unserer Mentalität und unserer Kultur ähnlich sind. Und da glaube ich, den Zahn muss man mal ziehen. Sind wir nicht. Wir haben gleiche Werte. Grundsätzlich haben wir gleiche Werte, das ist für mich unstrittig, aber nur auf höchster Ebene. Im Detail sind wir beliebig unterschiedlich, im Guten wie im Bösen. Es gibt beide Richtungen

Judith Geiß: [00:27:54] Auf beiden Seiten. In beiden Ländern.

Armin Sarstedt: [00:27:55] Auf beiden Seiten. Und ich möchte mal zwei Beobachtungen, zwei Mentalitäts-Beobachtungen, die ich über viele, viele Jahre gemacht habe und zwar viel, viel länger als ich in einer amerikanischen Firma arbeitete, auch als ich noch in einem urdeutschen Konzern namens Siemens arbeitete vor einigen Jahrzehnten, habe ich diese Beobachtung gemacht, weil ich dort mit amerikanischen Lieferanten zusammengearbeitet hatte. Amerikaner haben eine, ich bezeichne es immer als „Versuch es doch einfach mal Mentalität“. Ich habe eine Idee und die wird jetzt einfach ausprobiert. Und dann haben sie eine zweite Mentalität, das ist eine „Hauptsache es geht Mentalität“. Und um mal Beispiele aus dem wahren Leben zu bringen. Die „Versuch’s doch einfach Mentalität“ hat dazu geführt, dass die Amerikaner auf dem Mond waren und dass das iPhone jetzt nicht bautechnisch, aber von der Entwicklung her aus Amerika kommt. Oder das Smartphone schlechthin mit dem iPhone. Die „Hauptsache es geht Mentalität“ hat dazu geführt, dass damals in den 80er Jahren die Challenger explodiert ist oder jetzt vor noch gar nicht allzu langer Zeit die Boeing 737 Max lange, lange, lange gegroundet wurde, weil man hat da dann einfach angefangen, ohne es final fertig gemacht zu haben. Was ist da richtig, was ist da falsch? Die Wahrheit liegt wie immer in der Mitte. Es gibt eine weitere Mentalität: “Fail fast, learn fast.” Also wenn man akzeptiert, dass man da auf einem Weg nicht weiterkommt, das ist gar nichts Schlimmes. Bei uns ist es dann oft gleich eine Katastrophe. Dort ist es gar nichts Schlimmes, solange man das schnell zur Kenntnis nimmt und den Weg korrigiert.

Judith Geiß: [00:29:19] Seine Learnings mitnimmt daraus und daraus lernt.

Armin Sarstedt: [00:29:22] Konsequent die Learnings mitnimmt. Und ein weiterer gravierender Unterschied, und das wechselwirkt ja alles auch irgendwie – die Beispiele die ich da nenne –, ist die Arbeits-Philosophie. Du hast eben die deutsche Ingenieurskunst angesprochen. Ich fühl mich da gar nicht angesprochen, weil ich bin kein Ingenieur,

Judith Geiß: [00:29:39] Aber ich hoffe der eine oder andere Hörer. Ich will da lieber vorgreifen, bevor ich plötzlich Mails bekomme mit, haben Sie denn was gegen Ingenieure? Nein.

Armin Sarstedt: [00:29:48] Na ja, das mag natürlich sein. Grundsätzlich und auch da muss ich wieder sagen, es ist nicht zu 100 Prozent digital korrekt, aber von der, von der Richtung, von der Form, von der Tendenz, wenn wir an einer Aufgabe arbeiten, bevor wir erste Arbeitsergebnisse abliefern, wollen wir 70, 80, 90 Prozent fertig haben, brauchen dementsprechend lange und werden dann Ergebnisse weitestgehend ausgearbeitet vorlegen. Wenn diese Ergebnisse richtig sind, wenn sie in die richtige Richtung gehen, dann war das alles prima. Wenn Sie in die falsche Richtung gehen, dann hat man viel Zeit verloren.
In der amerikanischen Kultur ist es eher so, dass da so ein 30 Prozent Ansatz herrscht und man viel schneller antworten muss, wenn man vom Unternehmen, vom Chef, von wem auch immer eine Frage bekommt, eine Aufgabe, irgendwas auszuarbeiten. Dann ist die Erwartungshaltung die einer sehr schnellen ersten Rückmeldung, die aber nur ganz grob ist. Also das ist das, was ich als 90 gegen 30 Prozent bezeichne. Und eine schnelle Rückmeldung, ganz grob, und der Chef möchte in die Richtungsfindung und in die weitere Ausarbeitung auf High Level eingebunden werden. Er will dir die Arbeit nicht machen, aber er will da eingebunden sein, wissen, was du tust. Und wenn du dich in deutscher Mentalität und deutscher Kultur und das habe ich oft genug beobachtet, dann erst einmal zwei, drei Wochen lang nicht meldest, weil du willst ja auf die 80, 90 Prozent kommen, du willst eine solide Antwort geben, dann geht man auf der anderen Seite eher davon aus, dass du die Frage entweder nicht verstanden hast oder gar nicht dran arbeitest oder was auch immer.

Doch am Ende muß alles mit rechten Dingen zugehen

Judith Geiß: [00:31:09] Wenn ich da höre 2, 3 Wochen. Also gerade in der akuten, nenne ich es jetzt mal Übernahme-Phase, einfach nur als Randnotiz, weil uns das damals passiert ist. Wir hatten eine Konferenz mit großer Schalte, damals hatte man noch Telefonkonferenz. Man kann sich das halt kaum vorstellen. Und der Junior Controller antwortete da auf eine Frage deren, wie soll ich sagen, dessen Ausmaß ihm nicht bewusst war. Und damit hat er mehr oder weniger einen Fraud zugegeben, den es nicht gab. Also ein Betrug. Oder man konnte annehmen, dass da was nicht mit rechten Dingen zugeht.

Ich glaube, du hattest vorhin auch schon mal den Hinweis gegeben, es muss alles legal sein. Wir müssen die Firma schützen. Die Firma ist schützenswert und damit natürlich auch das Geld, was in der Firma ist. Im Endeffekt hat mir dieses Meeting, ich werde es nie vergessen, abends am nächsten Morgen kamen wir ins Büro, ein bisschen später, weil wir waren ja länger da und wurden begrüßt. Und man glaubt es kaum, von wem wohl? Nämlich von unserem Gesprächspartner. Also auch da, wenn man, je nachdem welches Signale man sendet, deshalb mein Ansinnen mit meinen Kunden ist, den Amerikanern Vertrauen und Zutrauen zu schenken.

[00:32:15] Ja, wir sind da, selbst wenn ich nur antworte: ich bin da dran, ich melde mich. Dann reicht es erstmal. Aber da muss ich mich auch melden. Und je nachdem, wie lange man schon zusammenarbeitet, das ist eigentlich bei jeder Zusammenarbeit so, muss man sich das Vertrauen dann gegenseitig aufbauen. Und das andere ist auch nochmal, dabei nicht zu vergessen, der Kollege in den USA kann nicht zwei Zimmer weiter gehen, um mal kurz nachzugucken. Das heißt, er hat die E-Mails. Er hat dann Meetings, die er ansetzt, weil er irgendwie das Gefühl hat, er müsste eingreifen. Oder aber er bucht sich das Ticket und fliegt her. Auch da die Randnotiz, wird immer bei der einen Übernahme geunkt, der, der da sehr gerne geflogen ist, war ein absoluter Fan von Heidelberg. Also klassisches, amerikanisches Klischee. Die Amerikaner lieben Heidelberg. Und der war öfters da, als er verstanden hat, wie nahe Heidelberg ist. Von dem her, auch da, es ist eine große Vielzahl für Dinge, wo man einfach auch ja im Zweifel wieder jemanden braucht, der da diese Erfahrung hat. Ohne jetzt Armin auch abwürgen zu wollen, ich weiß, wir könnten Stunden reden und Sie können uns vielleicht auch Stunden folgen. Letztendlich,

[00:33:24] diese Themen finden Sie natürlich auch in der Übernahme-Formel, natürlich auch komprimiert, sowohl im Vorwort als auch im Geleitwort, um mal die Hauptquellen sozusagen zu sagen, wo wir uns quasi die Bälle auch da schon zugeworfen haben. Aber natürlich auch Ausgearbeitetes. Das heißt, viele der Dinge, wie Sie jetzt auch gesehen haben, habe ich genauso erlebt wie Armin. Und es war komplett egal, wie groß das Unternehmen dabei war. Weil ich glaube, am Ende, und da wollten wir eigentlich auch nochmal ein bisschen näher darauf eingehen, aber letztendlich arbeiten ja Menschen zusammen, und die müssen ihren Weg der Zusammenarbeit finden. Und dann ist es egal, ob der Schwabe mit dem Baden Badener ist oder eben der Marokkaner mit dem Deutschen. Lieber Armin. Ja, wir haben jetzt schon, glaube ich, knapp vierzig Minuten. Deshalb würde ich es an unsere Hörerinnen und Hörer geben. Ich weiß, du bist offen, gegebenenfalls auch ein zweites Interview zu machen. Wenn wenn Sie Fragen haben, wie immer im Podcast, senden Sie diese an mich an Podcast@thebridge-online.com und wie immer verspreche ich, dass in den zukünftigen Folgen oder Episoden jemand darauf Antwort gibt. In dem Fall dann wieder wir zusammen, wenn Sie möchten. Und natürlich Armin, wenn du die zeitliche Ressource dafür hast.

Armin Sarstedt: [00:34:34] Die werden wir irgendwie hinkriegen.

Judith Geiß: [00:34:36] Ich hab mich so gefreut auf unser Interview heute. Ich bin mir sicher, dass es absolut diesen Nutzen und Mehrwert für die Hörer gegeben hat. Und letztendlich begann alles damit, dass wir die Geschichte hinter dem Geleitwort erzählen wollten. Von dem her, lieben Dank, dass du dabei warst und liebe Hörerinnen und Hörer, einen wunderschönen Tag und nicht vergessen beim nächsten Mal wieder einzuschalten.

Speaker: [00:35:01] Buchen Sie jetzt ein Mentoring mit Judith Geiß. Egal ob als Mitarbeiter, Führungskraft oder Team. In einem individuell auf Sie zugeschnittenen Mentoring, erhalten Sie wertvolle Tipps und Hinweise, wie Sie sicher durch die Zeiten der Veränderung kommen. Schauen Sie vorbei auf www.TheBridge-Online.com/Mentoring. Den Link finden Sie auch in den Shownotes.

 

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